Dienstag, 25. Dezember 2012

Betrachtung zum Heiligen Abend

von Sylvia B.

Alle Jahre wieder … 
Nein, nicht alle Jahre wieder, immer wieder in regelmäßigen Abständen, mindestens einmal im Monat, wird mein sonst ruhiges Leben gestört. Ein Mann aus meinem Wohnumfeld, das ich als gutbürgerlich und ruhig bezeichnen kann, bekommt »Aussetzer«. Seine Lebensgefährtin setzt ihn dann vor die Tür. Lautstark verlangt er wieder Einlass, mag sich dabei nicht von seiner Bierflasche trennen. Den Gerstensaft alleine mag ich nicht für dieses Verhalten verantwortlich machen. Es dürfte Wechselwirkungen mit anderen Substanzen dazu führen, dass er sich auf problematische Art und Weise interessant macht.

Vor einiger Zeit hatte er eine Nacht lang lautstark Einlass verlangt. Sie hat ihm nicht die Tür geöffnet, also versuchte er mich dazu zu bewegen. Ich bekam Schwindel, lag völlig hilflos in meinem Bett und, ja, ich hatte Angst, weil dieser Schwindel nicht enden wollte, wie auch sein Terror. Dieser Aktion folgte eine Gerichtsverhandlung, ich hatte Anzeige erstattet. Er selbst befand natürlich, dass er nichts getan hat, was zu beanstanden sei. Allerdings verblüffte er mich und die Anwesenden mit der Mitteilung, dass er wüsste, wer Bonsai sei. 

Bonsai, der Antagonist aus Hexenhausgeflüster, meinem modernen Märchen für Erwachsene.
Meine Sprachlosigkeit war nur von kurzer Dauer, ich wuchs über mich hinaus und bekam keinen Lachanfall. Kurz zitierte ich aus dem Buch: »Die Katze Äugelchen hat dem Bonsai die Cannabisernte verschisselt«, nutze die Gelegenheit, um etwas Reklame für das Buch zu machen und, da es ein Anti-Drogenmärchen ist, legte ich es diesem Mann ans Herzchen.

Dieser Mensch hat also einen Bonsai-Wahn. Und ja, er ist auch gewalttätig gegenüber seiner Partnerin und er rastet regelmäßig aus. Warum ich Ihnen das jetzt erzähle? Nun, ich konnte am Heiligen Abend von meinem Fenster aus betrachten, wie dieser Mann, mit einer Bierflasche in der Hand, zwei Beamte mit seinem völlig sinnentleerten Gequatsche abnervte. Diese erteilten ihm einen Platzverweis. Und wie ich diese Gruppe betrachtete, stellte ich mir wieder die Frage, wie es sein kann, dass Gustl Mollath jetzt sieben Jahre in der Forensischen Psychiatrie weggesperrt ist, während dieser Mann unbehelligt seine »Aussetzer« pflegen kann. 

Teil II der Medienbetrachtung von
Ursula Prem

Zu Teil I gelangen Sie hier: 




Jeden Tag öffneten wir ein Türchen ...
... beim »Ein Buch lesen!« Adventskalender!